Kannst du dich noch an meinen Artikel über Patchwork-Arbeit erinnern? Die Arbeit als Kombination verschiedener Einkommensquellen bzw. das Jonglieren mit verschiedenen Jobs.
Ich habe viele Rückmeldungen dazu erhalten, von Menschen in unterschiedlichen Lebens- und Arbeitssituationen, von Patchworker:innen, die mir schrieben: „Da könntest du mich als Beispiel nehmen“. Aber auch diejenigen, die mir zurück gemeldet haben, wie gerne sie Patchworker:innen wären, aber unsicher sind, ob sie ihre Vielfalt wirklich leben können.
Ich nehme das heute zum Anlass, dem Thema noch einmal Raum zu geben. Ich möchte dir dazu Daniel Pellegrini vorstellen: Profimusiker, Musikschullehrer, Trainer, Markenbotschafter. Er beschäftigt sich mit Musikproduktion, Teamentwicklung und auch noch mit Buchhaltungssoftware! Daniel ist weltweit unterwegs mit seiner Band Äl Jawala, in der er, seit er 20 Jahre alt ist, Schlagzeug, Percussions, Keyboard und Didgeridoo spielt.
Außerdem unterrichtet er jede Woche 40 Einzelschüler, 3 Bands sowie 3 Klassen. So kann er seine Leidenschaft für Musik, Komposition und Musikproduktion an seine Schüler:innen weitergeben.
Und dann ist er auch noch Markenbotschafter für eine Buchhaltungssoftware und weiß, wie man Rechnungen automatisiert und dadurch viel Zeit und Stress spart.
Daniel, magst du dich kurz vorstellen und ergänzen, was ich vergessen habe, über dich zu sagen?
Du hast es schon gut zusammengefasst. Ich würde noch den „Backofficemanager“ hinzufügen. Als selbständiger Musiklehrer verbringe ich viel Zeit mit Vor- und Nachbereitung, Verträge abschliessen, Elterngespräche führen, Website aktuell halten, Vorspiele organisieren, filmen und online stellen usw.
Bist du eigentlich freiwillig oder unfreiwillig Patchworker?
Auf jeden Fall freiwillig: im Alter von 20 Jahren, nach dem Zivildienst, wollte ich unbedingt einen sicheren Job haben, in dem man genug Geld verdient: Maschinenbauingenieur, Architekt oder so was. In dieser Zeit habe ich schon viel Straßenmusik mit Äl Jawala gemacht und verschiedene Musik-Projekte begleitet. Eines Tages stand für mich fest, dass ich lieber ein unsicheres und freieres Leben haben möchte. Ein Leben, dass ich der Musik, der Kreativität, dem Schlagzeug spielen widmen möchte. Ich wollte nicht nochmal die Schulbank bzw. Uni drücken müssen. Da ich schon früh mit Äl Jawala getourt habe, brauchte ich einen freien, unabhängigen Nebenjob. Da kamen die Anfragen der Musikschule und des Musiclabs sehr gelegen. Mit der Zeit musste ich mehr Geld verdienen (Hauskauf, Kind etc.) so fing ich an im Keller meines Hauses Privatschüler zu unterrichten. Durch einen Schüler kam dann die Verbindung zu Lexoffice Zustande, für die ich Werbefilme und Content-Videos machte.
Welche Vorteile hat die Patchworkarbeit für dich?
Ich habe mir oft einen „richtigen“ Job gewünscht, mit Anstellung und allem drum und dran. Aber ich finde es so vielfältiger, bunter und es passt einfach besser zu mir. Einen 9-to-5-Job zu haben, immer im gleichen Raum und mit denselben Menschen kann bestimmt entspannt und geregelter sein als das was ich zur Zeit habe, aber es würde mich, glaube ich, auf Dauer erdrücken.
Wo siehst du die wesentlichen Nachteile der Patchworkarbeit?
Auf jeden Fall in der Abstimmung der verschiedenen Jobs und der Überlagerung der vielen Termine. Da habe ich eine ganze Zeit gebraucht, um alles unter einen Hut zu bekommen. Wenn du nur einen Job hast, kannst dich ganz auf ihn einlassen. Der Fokus auf viele verschiedene Aufgaben schränkt dagegen die Möglichkeiten ein, in einem bestimmten Bereich z.B. durch Weiterbildungen Expertise aufzubauen. Eine Zusatzausbildung oder die Teilnahme an Workshops müsste ich z.B. an den Wochenenden machen, die momentan von Touren und Projekten geblockt sind. Da ich seit etwa 10 Jahren Patchworker bin, läuft das Organisatorische aber mittlerweile ganz gut, quasi fast nebenbei.
Welchen Tipp gibst du potentiellen Patchworker:innen mit auf den Weg?
Konzentriert euch auf eure Leidenschaft und das, was euch innerhalb eures Jobs sozusagen am Leben hält. Dafür schafft ihr euch ein gut funktionierendes „Büro“. Dazu gehört eine systematische Ordnung im Kalender, bei deiner To-Do-Liste, deinen Kontakten und natürlich die Buchhaltung. Ansonsten verzettelt euch nicht in Aufgaben, eins nach dem Anderen abhaken und zwischendurch Pausen machen. Hilfreich ist auch ein gutes Netzwerk zu haben und mit Menschen, die euch Energie geben, zusammenzuarbeiten. Ganz wichtig: informiert euch über alle Hürden etc. bei einem Steuerberater, einem Anwalt oder einem, der sich in eurer Materie auskennt.
Was würdest du gerne noch sagen, was ich dich nicht gefragt habe?
Oh Gott, ich hab schon viel zu viel gesagt. Mir ist es noch wichtig zu sagen, dass man sich selbst vertrauen sollte, d.h. an die eigenen Fähigkeiten, Entscheidungen und Urteile zu glauben.
Danke, lieber Daniel, dass du dir die Zeit genommen hast. Deine Offenheit hat das Gespräch bereichert.
Wir alle haben vielfältige Interessen, Fertigkeiten, Stärken und Talente. Nicht alle können in einen Job ausgelebt werden. Wir verbringen aber einen großen Teil unseres Lebens mit der Arbeit und deshalb sollte es wichtig sein, dass wir uns einer Sache widmen, die uns gefällt, die uns erfüllt und für die wir wertgeschätzt werden.
Hast du die Arbeit für dich gefunden?
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